„Ach, wenn er doch nur mal ein Buch lesen würde!“ – „Mein Sohn interessiert sich überhaupt nicht für Bücher.“ – „Sie spielt Pferdespiele auf dem Nintendo, aber wenn ich ihr vorschlage, ein Buch anzuschauen, dann hat sie keine Lust oder ist nach 5 Minuten schon wieder fertig.“

Kennst du Sätze wie diese? Meine Kinder lesen, lesen viel und lesen gern. Aus dem Urlaub nehmen wir (fast) immer ein Buch zur Erinnerung mit und wenn wir in den Urlaub fahren, bekommt jedes Kind ein neues Buch zum lesen während der Fahrt. Unsere Kinder wünschen sich zu Weihnachten, Geburtstagen etc. regelmäßig neue Bücher – und bekommen sie auch.
Ich selbst kann an keinem Buchladen vorbei gehen und bin ich erst mal drin, schaffe ich es meistens nicht ohne mindestens ein bis drei Bücher im Gepäck wieder raus. In unserem zu Hause leben mit uns etwa 1.500 Bücher – täglich werden es mehr.

Du wünschst dir, dass dein Kind [mehr] liest?

So, genug der Lobhuddelei – wie schaffen wir es, dass auch dein Kind ein Leseheld wird? Dazu habe ich heute ein paar Anregungen, die ich gern mit dir teilen möchte.

Schau bei dir

Bevor du anfängst, an deinem Kind herumzudoktern, frag dich einmal: wie ist das denn bei mir? Wie oft sieht dein Kind dich lesend? Wie oft lest ihr gemeinsam oder liest du ihm etwas vor? Wieviele Bücher hast du selbst? Und wann genau hast du zum letzten Mal ein Buch in der Hand gehabt?

Was auf den ersten Blick banal klingt, ist es tatsächlich bei Weitem nicht. Unsere Kinder tun, was wir tun. Wenn es normal für dich ist, am Wochenende nach dem Frühstück in Ruhe eine Zeitung zu lesen, dann ist es in den Augen deines Kindes Normalität, samstags und sonntags lesend den Tag zu beginnen – und du wirst feststellen, dass auch dein Kind dieses Wochenendritual leben wird. Zu der Frage, wie du dann damit umgehst, kommen wir gleich noch.

Wo finden sich Bücher in eurem Alltag wieder? Wenn du ein Rezept suchst, ziehst du dann ausschließlich digitale Medien zu Rate oder hast du Kochbücher, in denen du nach Informationen gräbst? Und wo befinden sich deine Bücher? Bevor du jetzt denkst, die spinnt doch – nein, (also ja, vielleicht spinne ich ein wenig (mehr) – aber darum geht es hier grad nicht) es ist nicht erforderlich, 1.500 oder mehr Bücher in Regalen zu Hause zu haben, deutlich weniger tun es auch. Jedoch sollten Bücher – ihr Anblick eingeschlossen – durchaus zum Lebensalltag einer Familie gehören. Wenn also das Kinderzimmer mit dem kleinen Bücherregal der einzige Ort im Haus ist, wo erkennbar ein paar Bücher vorhanden sind, dann haben wir hier einen weiteren Ansatzpunkt.

Lest miteinander – schafft euch gemeinsame Leseerfahrungen

Gemeinsames Lesen stärkt die Zusammengehörigkeit als Familie. Es verbindet ungemein und öffnet Türen für ein friedvolles Miteinander. Ihr schafft Gesprächsgrundlagen und findet Idee für euren Familienalltag, aus denen heraus sich Pläne schmieden lassen. In unserem Haus lesen wir jeden Abend vor; der Klassiker. Ich tue dies seit vielen Jahren und nach wie vor freuen sich meine Kinder über dieses Ritual. Es gibt ihnen Sicherheit und Halt – und egal, wie stürmisch der Tag auch gewesen ist, ganz egal, wieviel Krieg- und Friedenanteile unseren Tag bestimmt haben – am Ende des Tages wird gelesen.

Warum nicht mal zusammen auf dem Sofa kuschelnd abwechselnd gemeinsam und jeder für sich lesen? Oder unter der Bettdecke mit einer Taschenlampe Erinnerungen schaffen, die weit über die Kindheit hinaus bestehen.

Foto von Picsea auf Unsplash

Warum lesen?

Lesen fördert die Kreativität deines Kindes. Es erweitert seinen Wortschatz und vermittelt – ganz nebenbei – Kenntnisse zur Rechtschreibung und Grammatik. Dein Kind stärkt seine Fähigkeit, sich auszudrücken, in dem es liest. Dies geschieht um so mehr, um so verschiedener die Bücher sind, die von ihm angeschaut und gelesen werden. 

Zudem vermag das Anschauen von Büchern dein Kind eintauchen lassen in andere Welten. Es gibt ihm die Chance, Perspektivwechsel vorzunehmen – und so der Superheld zu sein und auch ein Empfinden für die vielen weiteren Aspekte einer Geschichte zu entwickeln. Lesen ist wie auf Papier gebrachtes Rollenspiel – bei dem jeder alles sein kann, jederzeit. Empathie und Mitgefühl entwickeln sich ohne schräg angehobenem Zeigefinger und mahnenden Blick.

Neben dem sind Bücher aus meiner Sicht sehr geduldige „Babysitter“. Lesen fördert die Konzentration – und beim Lesen werden die Lesefähigkeiten deines Kindes trainiert: es wirkt sich positiv auf den Lesefluss und die Lesegeschwindigkeit aus.

Doch was konkret bringt dein Kind „ins Lesen“?

Natürlich gibt es nicht „DAS Geheimrezept“ – schade eigentlich. Doch ein paar Ideen helfen vielleicht, das Interesse an Büchern nachhaltig zu stärken.

  • Wähle Lesestoff nach den Interessen deines Kindes aus.
    Was ist das denn für ein Tip? denkst du jetzt vielleicht… Ich sag mal so: ich habe in der Kindheit wirklich ganz andere Bücher gelesen, als meine Kinder heute – und all zu oft, greife ich nach wie vor zu eben meinen Kindheitserinnerungsbüchern – und damit meilenweit am Interesse derer, die sie lesen sollen vorbei
  • Sorge für Abwechslung.
    Unterschiedliche Bücher zu gleichen Themen, nicht nur Bücher, sondern auch Zeitschriften o.ä. aufgreifen. Hier lesen wir – neben der kostenlosen und sehr geliebten Apotheken-Kinder-Zeitung z.B. auch GEOlino, Dein Spiegel, Vorhang auf uvm. 
  • Aber auch eine gute Mischung aus Sachbüchern, Geschichten, Märchen und Gedichten – eben einfach mit verschiedenen Stilen führt dazu, dass dein Kind (s)einen Leseanker finden kann. „Das kleine Ich bin Ich“ ist zum Beispiel ein sehr geliebtes Buch, in dem der Text aus Reimen besteht. „Kakadu und Kakada“ und „Ich liebe dich wie Apfelmus“ sind wirklich tolle Gedichtbände; ganz schnell haben Kinder durch die Reimform Spaß am auswendig lernen und ersten selber lesen.
  • Lest gemeinsam.
    Dieser ist ein absoluter Herzenstip, auch wenn das vielen sicher ohnehin klar ist. Lest gemeinsam – und fangt idealerweise früh an, nicht erst, wenn dein Kind in die Schule kommt und sein (nicht vorhandenes) Leseinteresse schulische Belange tangiert.So lange unsere Kinder recht klein sind, schauen Eltern, Großeltern, Tanten und Babysitter gern und oft Bilderbücher mit ihnen an. Je älter sie werden, desto stärker wird die gemeinsame Bücherzeit jedoch durch (einsame) Tablet-, Handy- oder Fernsehzeit ersetzt. Das ist sicherlich verständlich; gerade in Zeiten wenn beide Elternteile berufstätig sind, Mehrfachbelastungen Energie und Kraft zehren – und entlastende Hilfe nicht ausreichend zur Verfügung steht. 
    Dennoch oder gerade deswegen: lest gemeinsam – ritualisiert feste Lesezeiten, vor dem Zu-Bett-Gehen, an den Wochenenden, in der Hängematte im Garten. Und lass dein Kind früh mitlesen – auch Kindergartenkinder haben große Freude daran, wenn sie „vorlesen“ dürfen. Später dann, wenn dein Kind in der Schule ist, findet Wege, um euch beim Lesen abzulösen – baut in eure Vorlesezeiten kurze Leseintervalle deines Kindes ein. Das können anfangs kurze Zeilen, nur ein, zwei Worte sein, später dann kleine Absätze usw.
  • Wecke das Interesse deines Kindes
    Zuweilen haben Kinder Respekt vor langen Texten. Eng gedruckte kleine Buchstaben können zusätzlich abschreckend wirken und die Lesefreude deines Kindes erschüttern, bevor sie überhaupt geweckt worden ist.
    Hier können Comics eine Brücke bauen oder Bücher, in denen wenig Text mit vielen Bildern kombiniert sind. Auch bei der Schrift ist es hilfreich, wenn die Schriftgröße gut zu sehen und zu erkennen ist Darüber hinaus gibt es Kinderbücher, in denen die Worte in Silben unterteilt und zweifarbig abgedruckt sind. Nicht so leicht zu finden sind Bücher, die in Schreibschrift gedruckt werden. Hier wäre es sicherlich – gerade anfänglich – von Vorteil, wenn die verwendete Schriftart identisch ist mit der an der Schule deines Kindes unterrichteten Schulschreibschrift; aber auch allein einen Text in Schreibschrift (wenn auch mit Abweichungen bei einzelnen Buchstaben) zu lesen, hilft Kindern zuweilen, sich Büchern zuzuwenden. Gerade bei Kindern, die an Schulen lesen und schreiben von Anfang an in Schreibschrift lernen, ist hier ein enormer Brückenschlag möglich.
    Von vielen Buchreihen, die Kinder aus Vorleseszeiten kennen, gibt es zusätzlich Bücher für Erstleser. So gibt es z.B. von der momentan bei vielen Kindern sehr beliebten Reihe der Schule der magischen Tiere eine Reihe speziell für Erstleser; ebenso bei Kirsten Boies Buchreihe über die beiden Detektiv-Kinder Thabo und Emma oder „Klassiker“ wie „Der kleine Drache Kokosnuss“ oder „Die drei ??? Kids“ uvm.
  • Für nicht sehr geeignet, um dein Kind zum Lesen zu bringen halte ich so „faule Tauschgeschäfte“ oder „Deals“, bei denen an die Lesezeit z.B. Belohnungen geknüpft werden.
  • Wenn dein Kind bereits älter ist, können aufkeimende Interessen oder neue Hobbys lesefördernde Wirkungen entfalten. Als Alternative zu YouTube.
  • Lass dein Kind ruhig mal Langeweile haben.
    Dies ist ein Hinweis, den ich gern im Kontext mit verschiedensten Themen gebe. Langeweile ist etwas, das Kinder heute so schwer aushalten können – und auch für Eltern ist es oft eine besondere Herausforderung, die Langeweile ihrer Kinder auszuhalten. Doch genau hier liegt möglicherweise ein entscheidender Schlüssel. Wenn dein Kind also das nächste Mal zu dir kommt, weil es sich langweilt, dann gratuliere ihm zu dieser Unglauben Chance, sich neue fantastische Welten zu erschließen – atme tief durch und suche dir selbst eine Sache, mit der du nun eine Weile beschäftigt sein wirst (dann schaffst du es leichter, die lange Weile deines Kindes auszuhalten und vor allem dem damit zunehmendem Druck deines Kindes Standzuhalten). Wenn es sich gar nicht vermeiden lässt, dann weise doch ruhig auf eines seiner Bücher hin. 
    Ich persönlich habe diese Übung eine ganze Weile – sagen wir mal vorsichtig exzessiv – betrieben. Wann immer meine Kinder über lange Weile klagten, habe ich sie auf unser Bücherregal oder konkrete Einzeltitel verwiesen. Wann immer es mir möglich war, habe ich dann zeitnah selbst einen für mich guten Ort aufgesucht, es mir mit einer Tasse Tee oder Kaffee gemütlich gemacht und ein Buch zur Hand genommen. Was soll ich sagen? Bei uns hat es gewirkt. Inzwischen hat sich aus „ich habe Langeweile“ eine kleine geflügelte Redensart entwickelt und wir lachen drüber.
  • Lass dein Kind Briefe schreiben
    Wer schreibt, liest, was er schreibt. Bei uns an der Montessorischule lernen die Kinder erst schreiben und über das Schreiben das Lesen quasi gleich mit. Wer Briefe schreibt, bekommt (im Idealfall) Antworten, die dann wiederum gelesen werden sollen. Klassische Brieffreundschaften – mich hat das durch meine Kindheit hindurch begleitet mit anderen Kindern überall auf der Welt über Briefe im Austausch und Kontakt zu stehen. Und wenn es nicht gleich ein fremdes Kind irgendwo auf der Welt sein soll, dann freut sich auch die Oma, die liebe Nachbarin oder der beste Freund über einen kleinen schriftlichen Gruß während der Ferien usw.
    Anmerkung: Ein großer Vorteil im erst Schreibenlernen liegt in meinen Augen darin, dass die Kinder ihre eigenen Gedanken, also das, was sie schreiben, ja kennen. Beim Lesen hingegen ist zum einen Buchstabenkenntnis notwendig, darüber hinaus die Fähigkeit aus der Aneinanderreihung von Buchstaben Worte zu bilden. Zusätzlich dazu muss das gelesene Wort interpretiert werden; erst das macht sinnesfassendes Lesen überhaupt möglich.

Es gibt mit Sicherheit noch viele weitere Wege und gute Strategien, um Kindern Lesespaß zu vermitteln. Lass uns doch in den Kommentaren deine Ideen oder best practices sammeln. Ich bin gespannt, welche Erfahrungen du gemacht hast.

Dieser Beitrag beinhaltet Werbung – unbezahlt, ohne Auftrag; alle erwähnten Bücher wurden von uns selbst gekauft und gelesen und sind nur einige wenige Beispiele, die stellvertretend für eine Vielzahl fantastischer Bücher, Zeitungen für junge Leute u.ä. stehen.

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